Nigeria

11th May 2011

18.02. – 05.03.2009

Nigeria – zunächst mal eines meiner Angstländer. Völlig unnötigerweise, wie sich herausgestellt hat. Die Grenze hat zwar viel viel Zeit in Anspruch genommen, allerdings nur, da der gute Beamte für jedes Auto ein extra Papier zusätzlich zum Carnet de Passage ausgefüllt hat, dass alle Teile, Reifen, etc. aufgelistet hat. Das soll absichern, dass wir mit dem selben Equipment auch wieder ausreisen und erkennbar ist, was geklaut worden ist, wenn denn was geklaut wird. So habe ich das zumindest verstanden. Das hat viel Zeit in Anspruch genommen. Außerdem wurden hier zum ersten Mal die Gelbfieberimpfungen überprüft.

Nun waren wir also in Nigeria. Wir hatten uns eine Route überlegt und wollten auf dem Weg in die Hauptstadt Abuja einen Zwischenstopp an einem See im Norden einlegen. Die Piste allerdings war richtig beschissen, und so haben Patrick und ich uns entschieden, einen Umweg zu fahren und uns direkt nach Abuja auf zumachen. Hier hat sich auch Joe, der Engländer in unser Auto gesetzt und ist mitgefahren, während das englische Pärchen Nigel und Belinde und die Holländer Saskia und Willem die schlechte Piste weiterfahren wollten.

Auf dem Weg nach Ilesha, dem ersten Ort, in dem wir übernachten wollten, sind wir etwa 20 mal von der Polizei, dem Zoll oder einfach nur irgendwelchen Jungs in T-Shirts kontrolliert worden. Die Kontrollen waren zeitraubend aber völlig korrekt, hier und da fragte mal jemand nach einem Geschenk, aber mit einem freundlichen Lächeln und einem Händedruck sind wir komplett ohne Bestechung durchgekommen. Und schon da merkte man, dass es nix zu befürchten gab in Nigeria. Die Menschen waren bislang die freundlichsten, hilfsbereitesten und am wenigsten fordernden, die wir auf der Reise getroffen haben.

Das Hotel in Ilesha war ein winzig kleines, der Parkplatz war genauso groß wie das Auto. Es passte genau rein. Wir waren ziemlich erschlagen nach dem langen Fahrtag und den 25 Polizeikontrollen auf den ersten 100 Kilometern nach der Grenze, dass wir nicht viel vom Abend hatten. Ein paar Ravioli und ab in die Kiste. Am nächsten Morgen wollten wir bis zu einer Mission in Jebba fahren, auf halbem Weg nach Abuja. Wir sind auch bis zu der Mission gekommen, leider passten wir nicht durch die Toreinfahrt. Also sagte der Pastor, es wäre kein Thema, wenn wir auf dem Sportplatz des Ortes übernachten. Super! Allerdings hatte uns inzwischen das gesamte Dorf gesichtet und stand um das Auto herum. Und das Dorf war nicht gerade klein…

Nach gut vier Stunden mit etwa ungelogen 500 Leuten DIREKT am Bus, wurde es uns auch ein bisschen viel. Wir wollten essen und hatten die trügerische Hoffnung, dass die Leute, wenn es dunkel würde nach Hause gingen. Leider nein. Also haben wir uns schließlich in den Bus gehockt zum Essen und haben eine gute Stunde in der überhitzten Kiste verbracht. Danach waren die Leute tatsächlich weg, also noch mal einen Stunde raus mit einem kalten Drink.

Am nächsten Morgen, früh um sechs, standen wieder alle um den Bus. Also auf den Kaffee verzichtet, uns freundlich bedankt und auf die Straße Richtung Abjua geschwungen. Dort kann man freundlicherweise umsonst auf dem Sheratonparkplatz stehen und die Duschen benutzen. Wirklich nett. Wir träumten unterwegs davon, uns einen einzigen Luxustag zu leisten und ein Zimmer im Sheraton zu mieten. Aber klar, mit den Hunden war da nix zu machen. Also auf den Parkplatz gefahren und versucht, die 45 Grad auf dem Asphaltboden durchzuhalten.

Abuja war ne coole Stadt, überhaupt nicht afrikanisch. Sehr europäisch, sehr modern, sehr aufgeräumt und ordentlich. Hier steckt viel viel nigerianisches Geld, und man merkt, dass die Stadt am Reißbrett entworfen wurde. Sie ist erst knapp 40 Jahre alt und noch nicht fertig. Wir haben uns weiter nach einem kleineren Hotel umgesehen und schließlich eins gefunden. Das Q Palace Hotel in Maitama war ein kleiner, aufgeräumter Schuppen, das Zimmer hatten Aircondition (sehr wichtig!!) und ein eigenes Bad. Die Fernsehprogramme konnte man vergessen aber Wireless Internetzugang war auch vorhanden, wenn denn der Strom gerade nicht ausgefallen war.

Tatsächlich haben wir in den ersten Nächten gefroren, an 27 Grad sind wir nicht mehr gewöhnt… ;-). Ehrlich, ich hab nachts gefroren sobald die Aircon unter diese Grenze gegangen ist. Offenbar haben wir uns doch schon ein bisschen aklimatisiert. Die Hunde haben das kühle (naja, kühl…) Zimmer genossen und den gesamten Schlaf nachgeholt, den sie in den letzten Wochen on the road eingebüsst haben. Denn bei dem Geschukkel auf der Straße kommen die beiden nicht dazu, soviel zu schlafen, wie sie normalerweise schlafen. Die Ärmsten… 😉

Patrick hat ziemlich viel Socialising betrieben und den halben Mitarbeiterstamm des Hotels bezirzt. Sie fanden ihn super, ich war nur noch Mrs. Patrick und sie waren wirklich alle sehr nett. Verdienen übrigens nicht viel, trotz des vielen Geldes in Nigeria. 400 Neira für eine 24-Stunden Schicht, das sind etwa 2 €. Er hat auch einen von den Jungs angequascht, wegen eines kleinen 12-Volt Ventilators, den wir ja seit Burkina Faso versuchen zu bekommen. Der Kollege sagte, er würde mit ihm schauen gehen, gleich morgen früh, nach seiner Schicht um sieben Uhr. Patrick also früh raus und rein ins Vergnügen. Nach fünf Stunden kam er völlig fertig wieder – ohne Ventilator. Wir haben es jetzt aufgegeben. Es muss so gehen.

Es ist unglaublich, dass es so schwer ist, so einen Ventilator zu kriegen, während andere Dinge so erstaunlich einfach sind. Joe hat beispielsweise ein Paar Latschen dabei, die völlig ramponiert sind. Sohle durch, Riemen gerissen. Auf der Straße laufen überall Jungs mit Nähmaschinen und allem möglichen Flickzeug rum, die spricht man an und sie nähen alles. Also Joes Schuhe repariert, unsere Campingstühle vernäht und verstärkt und meine Hose geflickt. Und das alles in einer knappen Stunde für nen Appel und n Ei.

Hier im Hotel haben wir auch versucht, die Kupplung und die Bremslichter zu reparieren. Die Kupplung bleibt auf halben Wege stecken und die Bremslichter funktionieren einfach nicht. Wir konnten den Fehler nicht finden, also haben wir einen Mechaniker gefragt, der uns das ganze reparieren wollte. Wir hätten es wissen sollen… Der Mechaniker hat die Kupplung nicht reparieren können und hatte von der Elektrik keinen blassen Schimmer. Also holte er einen Elektriker. Der wusste, was er tat, fand den Fehler, brauchte aber nun das Ersatzteil. Also sagte der Mechaniker, er wüsste, wo er es bekäme, zischte mit Geld und dem ausgebauten Original ab.

Der Mann kam und kam nicht wieder. Daraufhin schwang sich Patrick mit dem Elektriker in ein Taxi um zu dem Markt zu fahren, wo der Mechaniker vemutet wurde. Leider war der Mechaniker nicht da und der Elektriker hat einen riesen Zirkus auf dem Markt veranstaltet, dass der Mechaniker mit dem Geld und dem Teil des weißen Mannes abgehauen sein. Binnen kurzer Zeit war der gesamte Markt regelrecht am ausflippen. Und der Mechaniker war nicht zu finden.

Es dauerte zwei Stunden, bis er wieder kam. Der Taxifahrer, der mit dem Mechaniker unterwegs war, das Ersatzteil zu besorgen, wollte einen horrenden Preis haben, für den man meines Erachtens (und wir sind viel Taxi gefahren in Abuja) drei Tage non-stop durch die Stadt hätte fahren können. Also habe ich mich mit dem rumgezankt. Der Mechaniker hatte natürlich keinen Plan, wo er das Teil bekommt, daher musste er alle Märkte abklappern. Das wiederum ist ja irgendwie nicht unser Problem. Wie auch immer, nach original sechs Stunden und viel Getöse und etwa 70 € (mit Ersatzteilen) waren die Bremslichter repariert. Leider haben wir ein paar Tage später festgestellt, dass wir nun Bremsflüssigkeit verlieren und zwar genau dort, wo der Elektriker das neue Teil eingesetzt hat… Was soll ich sagen? Lieber keine Bremslichter, als keine Bremsflüssigkeit, also neues Teil raus, altes Teil wieder rein. Hat sich echt gelohnt… 😉

Joe hat in dieser Zeit im Bus vor dem Hotel geschlafen und wir haben etwa eine Woche dort verbracht. Wir waren ohnehin an Abuja gebunden, weil wir dort alle restlichen Visa beantragt haben, die wir bis Namibia noch benötigen. Das ging übrigens problemlos und nach zehn Tagen hatten wir alle in der Tasche. Die Woche im Hotel und in dem dazugehörigen „Restaurant“, dass aus ein paar Tischen auf der Straße und einer kleinen Bar bestand, aber gutes Essen machte war sehr spaßig Wir haben unglaublich viele Nigerianer kennen gelernt, die uns angequascht haben aus Interesse an unserem Trip.

Die Nigerianer gehörten alle der Oberschicht an, hatten Geld und lebten zum Teil in England. Einer von ihnen, Frank, dem ein großer Hotelkomplex gehörte, den er gewinnbringend verkauft und dafür neues Land gekauft hat, hat uns eines Abends ausgeführt, in einen Club. Dort gab es Live Musik von lokalen Bands, gutes Essen und eine Bombenatmosphäre. Ein wirklich schöner Abend und so günstig (natürlich hat Frank alles bezahlt). Nachdem wir dann wieder für die letzten Tage und Vorbereitungen für die Weiterfahrt auf den Sheratonparkplatz gezogen waren, kam er uns dort besuchen, saß die Abende mit uns vorm Auto und hat ordentlich Vodka-Cola getrunken.

Es war schon strange, da fährt man quer durch Afrika und hockt plötzlich in einem brandneuen Range Rover in Nigeria, mit Fernseher und so weiter. Die Aircondition war so kalt, dass wir die Sitzheizung angemacht haben…

Offenbar mochte er uns, er hat Joe einen Job angeboten und will uns nächstes Jahr besuchen. Wir haben Adressen ausgetauscht, mal sehen, was passiert. Offenbar kann man in Abuja wirklich einfach viel Geld machen. Das ist so der Eindruck, der entstanden ist. Uns hat Abuja gefallen, es war ne gute Zeit und hat Spaß gemacht. Man kann dort alles machen, Kino, Bowling, sehr gut essen, und vieles mehr. Joe hat sich im British Council das Rugby-Spiel England-Irland angesehen und dort Paul, einen Iren getroffen. Der wiederum ist seit gefühlten Ewigkeiten mit dem Fahrrad unterwegs und war unter anderem in der Zentralafrikanischen Republik und im Tschad. Außerdem ist er irgendwo im Kongo ausgeraubt worden. Allerdings ist nicht viel passiert und auf dem Fahrrad ist man schon auch sehr viel angreifbarer als im Auto.

Jedenfalls ist dieser Ire irgendwann von einem deutschen Pärchen aufgelesen worden, die mit einen ähnlichen Auto, wie dem unseren unterwegs sind uns zwar seit vier Jahren. Die beiden standen auch auf dem Sheratonparkplatz und so haben wir die auch noch kennen gelernt. Jessica und Christian, sehr nett beide und viel zu erzählen. Sie kommen aus der Nähe von Köln und er ist FC-Fan. So war das Thema erstmal klar. Und außerdem verstand er jede Menge von unserem Auto und so haben Patrick und er den ganzen Tag mit Autofrickeln verbracht.

Die zwei kamen von unten hoch und haben viele Fotos und Videos von der Tour gemacht. Sie haben uns die Aufnahmen von der Strecke nach Kamerun direkt hinter der Grenze gezeigt, die bekanntermaßen nicht gerade spaßig ist. Nachdem ich die Sachen gesehen habe, wäre ich am liebsten in den nächsten Flieger gestiegen… 😉 Nein, natürlich nicht, aber es hatte geregnet, als die beiden durchgefahren sind und es sah grauenerregend aus. Riesige Löcher, zwei Meter tief, randvoll mit Schlamm und Wasser. Sie haben zwei voll Tage für 20 Kilometer gebraucht und sind gefühlte hundertmal stecken geblieben. Na denn freuen wir uns mal auf die Strecke…

Unser letztes Visum war das von Gabun, und die Dame hat uns netterweise angerufen, als es fertig war. Untypischerweise für Afrika geschah dies drei Tage vor dem eigentlichen Abholdatum. So sind wir relativ bald los gekommen, und haben uns wieder im Konvoi auf den Weg Richtung Kamerun gemacht. Wir sind den halben Weg bis zur Grenze gefahren und haben in Makurdi übernachtet. Am nächsten Tag ging es weiter bis direkt vor die Grenze und dort wurde wieder übernachtet. Es ist nicht viel passiert in diesen zwei Tagen, wir sind wirklich nur gefahren. An Tag drei kam die nigerianisch-kamerunische Grenze und damit der Beginn der wohl schlechtesten Piste auf der gesamten Tour. Mal sehen, was uns erwartet und wie weit Hennes kommt.

Nigeria war also das Land mit den wirklich besten Bewohnern. Freundlich, gebildet, interessiert, hilfsbereit und unglaublich gut gelaunt. Ich muss sagen, Nigeria hat mir gefallen, ich kann wirklich nichts schlechtes sagen, außer dass sie ihr Geld falsch verteilen und somit das Gros der Bevölkerung nicht viel hat. Es könnte ein wohlhabendes, großartiges Land sein, aber solange die Jungs an der Spitze die ganze Kohle selbst einstecken, wir da wohl nicht viel passieren. Ansonsten war Nigeria wirklich richtig gut.

So long, bis die Tage und schöne Grüße aus Nigeria!

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